Die Präsenzveranstaltung des BIM HUB Hamburg in Kooperation mit BIM.Hamburg und der Stadt Zürich unter dem Motto «HAMBURG MEETS ZÜRICH – BIM» fand am 18. August 2022 statt: Rund 80 Expert*innen und Interessierte der Baubranche trafen sich, um neueste Erkenntnisse über den Einsatz von BIM, kurz für Building Information Modeling, bei der Planung und beim Bau in Deutschland und der Schweiz zu gewinnen und sich auszutauschen.
Effizientes Planen, nachhaltigeres Bauen, sinnvolle Vernetzung und der Einsatz moderner Arbeitsmethoden sind ja nur einige Aspekte, die die Branche attraktiver für den Nachwuchs machen. Um die Vorteile aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, hatte der BIM HUB Hamburg exponierte Referenten aus Bundesministerien, der technischen Verwaltung und aus der Praxis gewinnen können.
Klimagerecht, transparent und offen: eine Hamburger Punktlandung
In seiner Begrüßungsrede machte Markus Schäfer, Fachbereichsleiter Kommunale Vermessung des Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung und Vorstandsmitglied des BIM HUB Hamburg, deutlich, warum der Veranstaltungsort so gut zur thematisierten BIM-Methode passte: Das ikonische Gebäude der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSU) ist ebenfalls durch Transparenz und Offenheit gekennzeichnet. Im Baujahr 2013 wurde bereits auf klimagerechtes, energieeffizientes Bauen geachtet. Der wellenförmige, farbenfrohe Behördenbau von dem Berliner Büro für Architektur, Städtebau und Gestaltung Sauerbruch/Hutton ist als multifunktionaler Mittelpunkt im Wilhelmsburger Quartier angelegt. Die Veranstaltung über fortschrittliches Bauen passte somit perfekt in das Bauwerk.
Der große und die kleinen Zwillinge der Stadt Zürich
Aus Zürich waren drei Referenten angereist, die Anhand von Praxisbeispielen zeigten, wie weit man schon mit der Gestaltung des großen sowie der kleinen digitalen Zwillinge der Stadt Zürich ist. Zudem berichteten sie von ihren Erfahrungen mit Augmented Reality bei Architekturwettbewerben und der papierlosen Projektierung der größten Abwasserreinigungsanlage der Schweiz.
Strategie zur Koordination von BIM in der Stadtverwaltung – BIM@StZH
Robert Urbanek, Leiter der Fachstelle digitales Bauen im Amt für Hochbauten der Stadt Zürich, der zudem den Vorsitz Programmleitung BIM@StZH inne hat, zeigte auf, wie digitale Modelle, Methoden und Werkzeuge die Digitalisierung der Planungs- und Bauprozesse in der Stadt Zürich voranbringen. Das Projekt versteht sich als Bottom-up-Bewegung und hat sich für die gemeinschaftliche GIS-BIM-Steuerungsstrategie das Zieljahr 2026 für die Umsetzung der stadtweiten BIM-Strategie und -Koordination gesetzt. Bis dahin solle ein durchgängiges Daten-Management über den gesamten Lebenszyklus von Bauwerken funktionieren, um aus Daten bessere Erkenntnisse zu gewinnen, abteilungsübergreifend bessere Entscheidungen zu treffen und zu besseren Ergebnissen zu gelangen. Für die Kommunikation über den Einsatz der Methodik, die Menschen, Prozesse, Standards und Technik im Bereich Bauwerke und Prozesse einschließt, wurde ein dreistufiger Plan aufgestellt, der 2026 in eine Verstetigung münden soll. Angestrebt würden der Strategieschwerpunkt “Digitale Stadt” sowie die Optimierung verwaltungsinterner Prozesse durch eine konsequent digitale Gestaltung.
Zürich 4D – den digitalen Zwilling Zürich sichtbar gemacht
Christian Hürzeler, Urbaneks Kollege aus der Programmleitung BIM@StZH sowie stellvertretender Leiter des GIS Kompetenz Zentrums im Amt für Städtebau der Stadt Zürich, stellte ein Modell zum Herunterladen, den digitalen Zwilling der Stadt Zürich vor. Er betonte die Relevanz der niederschwelligen Zugänglichkeit des Modells, das sich jede*r herunterladen kann, was vom Hochbau bis zum Untergrund der Stadt alle Pläne umfasst, die auf zehn Jahre ausgerichtet sind. “Zürich 4D” heißt die interaktive App, mit der man sich die bauliche Entwicklung der Stadt Zürich bis in Zukunftspläne hinein visualisieren lassen kann. Die digitalen Zwillinge einzelner Bauwerke und anderer physischer Objekte werden in einer zentralen Sammlung digitaler Baudaten übersichtlich für die Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit sichtbar gemacht.
Eine planlose Baustelle – das Züricher Klärwerk Werkhölzli
Thomas Hauser, ebenfalls im Team der Programmleitung BIM@StZH sowie in seiner Funktion als Leiter der Gruppe Bau und Services ERZ Entsorgung + Recycling Zürich, berichtete über die Erneuerung der Schlammbehandlung im größten Klärwerk der Schweiz. Obwohl der Start 2016 noch ohne die BIM-Arbeitsmethodik verlief, wurde schon zwei Jahre später damit begonnen: Der Rohbau, die Bauvorschrift sowie die Baufortschrittskontrolle verliefen komplett modellbasiert. Laufroboter kamen zum Einsatz. Nach sechs Jahren kann konstatiert werden, dass die Umsetzung auf der Baustelle erstaunlich gut funktionierte. Die Programmleitung bekam gutes Feedback der Bauarbeiter, es traten weniger Rückfragen an den Bauingenieur auf und nach der Einarbeitungsphase wurde eine erstaunlich hohe Akzeptanz erreicht. Es waren weniger Fehler und Fehlproduktionen zu verzeichnen.
Digitaler Architekturwettbewerb beim Amt für Hochbauten
Robert Urbanek ergriff erneut das Wort und berichtete über ein Pilotprojekt mit dem Einsatz digitaler Medien bei Wettbewerben. Eine Reha-Klinik sollte als offener Projektwettbewerb digital umgesetzt werden. Durch die Art des Wettbewerbs konnten sechs digitale Modelle der engeren Wahl mit einem angemessenen Aufwand durch den Auslober digital modelliert werden. Zusätzlich zum Gipsmodell und den Abgabeplänen eingesetzte digitale Medien waren das digitale Gipsmodell im Browser und das digitale Gipsmodell betrachtet durch die Augmented-Reality-Brille. Die Erfahrungen lassen auf viele Chancen der Methodik sowie auf einige Herausforderungen schließen.
BIM Masterplan Bundesfernstraßen – Bundesstrategie und BIM-Standards für die Implementierung von BIM im deutschen Bundesfernstraßenbau
Andreas Meister vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) visualisierte in seinem Vortrag, wie BIM bis 2025 der bundeseinheitliche Standard für die technische Verwaltung aller deutschen Bundesfernstraßen werden soll. Mit der Veröffentlichung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen im Oktober 2021 hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr der Digitalisierung einen weiteren Schub gegeben. Der Masterplan definiert das gemeinsame Verständnis von BIM im Bundesfernstraßenbau und erläutert die mit der Implementierung von BIM verfolgten strategischen Ziele. Darüber hinaus ist in der Implementierungsstrategie der Weg zum Zukunftsbild “Digitaler Zwilling Bundesfernstraßen“ über ein dreistufiges Phasenmodell der BIM-Einführung definiert. Unterstützt wird die stufenweise Implementierung von BIM durch die Bereitstellung bundesweit einheitlicher Rahmendokumente. Mit der Implementierungsstrategie und dem Zukunftsbild ist der Masterplan Wegweiser für die Autobahn GmbH und die Auftragsverwaltungen der Länder und leitet eine ambitionierte und gemeinsame Weiterentwicklung von BIM im Bundesfernstraßenbau mit folgenden Vorteilen ein:
- kooperative Arbeitsmethode
- digitale Bauwerksmodelle mit Informationsverknüpfung
- Informationsmanagement über gesamten Lebenszyklus
- transparente Kommunikation
Was kostet das? Brauchen wir das? Ist es notwendig?
Die Planung, der Bau, die Erhaltung und der Betrieb der Bundesfernstraßeninfrastruktur sollen auf Basis voll integrierter digitaler Zwillinge erfolgen. Mit dem Prinzip “erst digital, dann real bauen” würden Planungsfehler früher erkannt, die im späteren Bauablauf zu kostspieligen Änderungen führen könnten. Studien belegen ein Einsparpotential von bis zu 15 Prozent. Generell würden durch den Einsatz von BIM die Wirtschaftlichkeit sowie die Termin- und Kostenstabilität verbessert. Das nachhaltige Bauen könnte durch die Simulation des Rückbaus mit Fokus auf die Wiederverwertbarkeit von Baustoffen vorangetrieben werden. Als Basis hierfür diente ein einheitliches Datenmanagement. Bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen sowie harmonisierte BIM-Standards für die Projektbearbeitung müssen implementiert sowie offene und neutrale Schnittstellen zur Sicherstellung der notwendigen Datenkompatibilität forciert werden. 2021 hat die erste Phase mit dem Aufbruch und der Harmonisierung begonnen, bis zum Jahr 2025 soll die BIM-Methodik flächendeckend eingeführt sein.
Die fantastischen Vier
Für den Prozess wird auf vier strategischen Handlungsebenen mit einer einzigartigen länderübergreifenden Zusammenarbeit und Steuerung der BIM-Implementierung agiert. Das Entscheidungsgremium hierfür ist die Bund/Länder-Dienstbesprechung BIM. Die BIM-Lenkungsgruppe koordiniert dabei den übergreifenden BIM-Implementierungsprozess. Wichtig sei der Erfahrungsaustausch durch intensive Bund-Länder-Zusammenarbeit auf Projektebene unter Einbindung von Industrie, Forschung und Wissenschaft. Die Etablierung eines Zielvereinbarungsprozesses zwischen dem BMDV, der Autobahn GmbH und der Auftragsverwaltungen der Länder stellt hierfür die Grundlage dar. Eine Reifegradmessung zur kontinuierlichen Analyse des BIM-Implementierungsforschritts hilft. Hierfür gibt es Rahmendokumente mit Steckbriefen und Prozessdiagrammen. Der Masterplan BIM Bundesfernstraßen liefert also den bundesweit einheitlichen Rahmen für die Einführung von BIM bis 2025. Handwerkliche Leistungen können hiermit noch besser ihre Wirkung im Straßenbau entfalten.
Nach den Vorträgen über die innovativen BIM-Einsätze holte Christian Esch, Sprecher des Vorstands des Veranstalter BIM HUB Hamburg, alle Referenten zu einer lebhaften Podiumsdiskussion mit Fragen aus dem Publikum zusammen.
Nach zahlreichen rein digitalen Veranstaltungen in der Corona-Pandemie wurde nun die Chance zum persönlichen Netzwerken beim Get-together mit leckeren Snacks und erfrischenden Getränken nach den Vorträgen sehr gerne wahrgenommen. Der sonnendurchflutete Veranstaltungsraum im Konferenzzentrum des Landesbetriebes Geoinformation und Vermessung bot einen passenden Rahmen für die anregenden Gespräche über weitere Einsatzmöglichkeiten und die Verbreitung der BIM-Arbeitsmethodik.
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