BIM HUB Hamburg hatte am 26. Juni 2023 zu einer hybriden Veranstaltung in das historische Gebäude Alte Post in Hamburg eingeladen. Der Blick in die Zukunft der mobilen Datenerfassung war das Thema. Die meisten Interessierten waren persönlich in die lichtdurchfluteten Räume der Rechtsanwaltskanzlei GvW Graf von Westphalen in der Poststraße gekommen. Einige Mitglieder nahmen auch online am Event teil. BIM HUB Hamburg-Vorstandssprecher Christian Esch begrüßte alle Teilnehmenden.
Robotik und Mobile Mapping im Visier
Vier spannende Vorträge zu den Themen Robotik und Mobile Mapping standen auf dem Programm, moderiert von Dipl.-Ing. Felix Scholz von der Hamburg Port Authority (HPA) und Vorstandsmitglied des BIM HUB Hamburg.
Im Rahmen der Veranstaltung sollten Systeme der Hersteller Boston Dynamics und NavVis näher vorgestellt werden. Zudem sollte gezeigt werden, wie die unterschiedlich erzeugten Daten für BIM-Modelle weiterverarbeitet werden können.
Scan2BIM: Von der Erfassung zum BIM-Modell
Nina Hille, BIM-Managerin beim Hamburger Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung (LGV), zeigte anhand der Datenerfassung und Georeferenzierung eines Bestandsmodells, wie einerseits terrestrisch und andererseits mobil in einigen Minuten Passpunkte “on location” erfasst werden können.
Die Scan-Auswertung und Datenverarbeitung erfolgen anschließend im Innendienst. Nach der Registrierung wird die Punktwolke exportiert und die Daten werden mit einer Autorensoftware ausgewertet. Zusätzlich zur internen Qualitätsprüfung erfolgt eine Prüfung mit einem Open-Source-Viewer. Alles wird mit den Objektkatalogen von BIM.Hamburg abgeglichen.
Schwierigkeiten wie Messrauschen überwinden
Bei Bestandsmodellen wie alten Brücken sind Ungenauigkeiten beim Erfassen von Punktwolken zu erwarten, da Spinnweben, verdeckte Bauteile und Deformationen ein Messrauschen verursachen. Hier hilft ein Abgleich mit historischen Bestandsplänen, so dass Deformationen mit modelliert werden können
Detaillierte Reality-Capture-Daten als Grundlage für BIM-Modelle
Thorsten Klaus, Senior Account Executive LSP (Dach) der Firma NavVis, stellte die Handhabung vom sogenannten Mobile Mapping vor. Anhand des 2023 auf den Markt gekommenen Modells “NavVis VLX 3” führte er die Handhabung des mobilen und tragbaren Mapping-Systems vor. Es wurde für Laserscan-Expert*innen entwickelt, die schnelle, genaue und preisgünstige Reality-Capture-Daten der bebauten Umgebung benötigen. Es gilt als branchenführend, weil es den Fachleuten umfassende, hoch detaillierte Reality-Capture-Daten für komplexe Standorte im Innen- und Außenbereich liefert. Thorsten Klaus bildete die über die Jahre verbesserte Qualität durch diverse Beispielaufnahmen ab. So liefern beispielsweise die NavVis-Daten eine hochwertige Grundlage für BIM-Modelle.
Robotergestützte Bauwerksprüfung: Vision oder Realität?
Florian Steffens, Bauwerksprüfer, Baustoffberater und Drohnen-Operator bei der Hamburg Port Authority (HPA), holte die Teilnehmenden zum aktuellen Stand der Bauwerksprüfung ab. So wird zum Beispiel der Roboter-Hund „Spot“ von Boston Dynamics bereits erfolgreich von der HPA bei der Bauwerksinspektion im Hohlkasten der Köhlbrandbrücke eingesetzt.
Florian Steffens erläuterte die durch DIN 1076 festgelegten Anforderungen hierfür: Bei den Hauptprüfungen sind alle, auch die schwer zugänglichen Bauwerksteile, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Besichtigungseinrichtungen, Rüstungen und Ähnlichem, handnah zu prüfen. Bei besonderen Bauwerksarten oder Bauteilen kann es sinnvoll sein, im Rahmen der Bauwerksprüfung automatisierte Verfahren zur Aufnahme bestimmter Bauteile oder deren Oberflächen einzusetzen. Aktuell sind jedoch noch Unwägbarkeiten und Anpassungen im Erfassen der Bilddaten durch Trägerplattformen wie den Roboter-Hund sowie durch weitere autonome Aufnahmegeräte im Anschluss nötig, so Florian Steffens Konklusion.
Wie agiert “Spot” in der Köhlbrandbrücke?
Theo Beffart, Software Engineer mit Fokus auf Robotik bei “Reply Universe” (Partnerfirma für die erfolgreiche Implementierung und Skalierung von AMR Lösungen) ging in seinem Vortrag detailliert auf die Optimierung der Arbeit mit dem Roboter-Hund Spot ein. Der Wissenschaftler mit einem Informatik-Mastertitel ist seit Januar 2022 mit dem langfristigen Ziel befasst, durch den Roboter-Hund von Boston Dynamics autonome Daten zur Bauwerksprüfung erheben zu können. In der derzeitigen Projektphase wählt der jeweilige Nutzer im 3D-Modell der Hamburger Köhlbrandbrücke Prüfpunkte an, Spot bewegt sich autonom durch die Brücke, fotografiert die Punkte und die Ergebnisse werden wieder im 3D-Modell angezeigt.
Der Teufel steckt noch im Detail
Für einen Laufroboter herrschen für die Bauwerkserfassung eigentlich optimale Voraussetzungen, jedoch zeigten sich Unwägbarkeiten in der Umsetzung: beispielsweise waren Durchgangstreppen zu steil, Stufen zu hoch, der Tunnel zwischen den Segmenten zu eng zum Wenden und die Beleuchtung führte zu Schlagschatten, welche die Lokalisierung störten. Als eine Verbesserung wurde deshalb eine Art Landeplattform für schwierige Übergänge gebaut. Grundsätzlich gilt:
- Einsatzort, -zweck und Robotik-System müssen aufeinander abgestimmt werden
- auch „Spot“ benötigte Anpassungen in Software und an der Umgebung
Mit der “Roboverse Plattform”, dem Framework zur Steuerung und Orchestration von Robotern, wird laut Theo Beffart an einer wiederholbaren und zuverlässigen Ausführung gearbeitet. Sie abstrahiert robotermodellspezifisches Verhalten, erhält dabei den vollen Umfang der Autonomie des Herstellers, Daten werden konsolidiert und durchsuchbar in der Cloud abgelegt. Die Ausführung bietet zudem Schnittstellen zum Anbinden von Drittsystemen. In einer Augmented-Reality-App können Schäden bearbeitet werden.
Im Anschluss an die Diskussion mit den Vortragenden zu den vier Fachvorträgen nutzten die Teilnehmer*innen gerne das Angebot zum Netzwerken bei einem Get-together mit Imbiss und Getränken. Die Veranstaltung des BIM HUB Hamburg wurde von den Vereinsmitgliedern und Gästen als sehr gewinnbringend empfunden. Falls Sie ebenfalls Mitglied werden möchten, können Sie das hier realisieren.
Fotocredit: Stefanie Behrens
Comments are closed.