Digitale Werkzeuge verändern die Art und Weise, wie wir Gebäude planen, bauen und betreiben – und sie leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Die Methode des Building Information Modeling (BIM) steht dabei im Zentrum: Sie ermöglicht die digitale Erfassung, Verwaltung und Nutzung von Bauwerksdaten über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg.
Drei aktuelle Projekte zeigen, wie BIM-basierte Innovationen bereits heute konkrete Fortschritte im Hinblick auf Klimaschutz, Effizienz und Digitalisierung erzielen – auch für Infrastruktur und Bestandsgebäude.
1: Energieeffizienz auf Knopfdruck – das ESG Readiness Network (ReadE)
Das Forschungsprojekt ReadE hat ein ambitioniertes Ziel: Eine möglichst schnelle und kosteneffiziente Bewertung der energetischen Qualität von Gewerbeimmobilien zu ermöglichen – automatisiert, digital und zuverlässig. Denn der Energieverbrauch von Gebäuden ist ein zentraler Faktor für den Klimaschutz und spielt bei ESG-Bewertungen (Environmental, Social, Governance) eine entscheidende Rolle.

Milos Mikasinovic (NUCE Consulting) und Thomas Kirmayr (Fraunhofer IBP) beantworten gerne Fragen zum von ihnen vorgestellten Forschungsprojekt ReadE.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) stehen hier vor großen Herausforderungen: Seit 2022 fordern EU-Regularien und Banken konkrete Nachweise zur Energieeffizienz – doch für den Großteil der Bestandsimmobilien fehlen die nötigen Daten. Die Folge: Risikoaufschläge bei der Finanzierung.
Thomas Kirmayr (Fraunhofer IBP) und Milos Mikasinovic (NUCE Consulting) betonten in ihrem Vortrag, wie wichtig eine saubere digitale Grundlage und ein zielgerichteter Digitalisierungsansatz sind. Im Projekt wird daher auf eine strukturierte, digitale Gebäudeerfassung gesetzt. Mithilfe eines blockchainbasierten Common Data Environment (CDE) werden IFC-Daten sicher gesammelt, qualitätsgesichert und verarbeitet.
Herzstück des Projekts ist ein eigens entwickelter prototypischer Demonstrator, welcher die Daten des CDE mit dem Rechenkern nach DIN V 18599 des Fraunhofer IBP austauscht, der die Energieeffizienz bewertet. Anhand von drei Pilotgebäuden wurde eine durchgängige revisionssichere digitale Prozesskette aufgebaut, aus der direkt per Knopfdruck für die jeweilige Gebäudetypologie eine Einschätzung der Energieeffizienz zur Klassifizierung generiert wurde – eine wertvolle Grundlage für eine klimabewusste Immobilienwirtschaft nach EU-Regularien.
2: Die digitale Brücke – smartBRIDGE Hamburg denkt Infrastruktur neu

Matthias Petersen-Tulipan (HPA) kennzeichnet die Erfahrungen durch smartBRIDGE Hamburg als Blaupause für Digitale Zwillinge.
Brücken verbinden nicht nur Orte, sondern auch Realität und digitale Welt. Mit smartBRIDGE Hamburg hat die Hamburg Port Authority (HPA) 2019 einen Meilenstein gesetzt: Der erste vollständige Digitale Zwilling eines Infrastrukturbauwerks in Hamburg wurde geschaffen.
Matthias Petersen-Tulipan von der HPA veranschaulichte in seinem Vortrag, wie dieser Digitale Zwilling funktioniert: Es handelt sich um ein detailliertes, virtuelles Abbild der realen Brücke, das mit Sensoren vernetzt ist und den Zustand der Konstruktion nahezu in Echtzeit abbildet – inklusive Temperatur, Feuchtigkeit und Bewegung.
Durch den bidirektionalen Informationsaustausch zwischen Modell und Realität lassen sich Wartungsbedarfe frühzeitig erkennen, Schäden vermeiden und Ressourcen gezielter einsetzen. Die Vision: Das Konzept von smartBRIDGE auf weitere Bauwerke wie Schleusen, Tunnel oder Straßen auszuweiten – ein echter Schritt hin zu einer intelligenten und nachhaltigen Infrastruktur.
3: Betrieb digital gedacht – FM2BIM bringt Intelligenz ins Facility Management
Während viele BIM-Anwendungen den Fokus auf die Planungs- und Bauphase von Neubauten legen, bleibt der laufende Gebäudebetrieb oft auf der Strecke. Dabei entstehen gerade im Facility Management – also im täglichen Betrieb, bei Reinigung, Wartung und Instandhaltung – große Potenziale für Effizienz und Nachhaltigkeit.

Digitaler Wandel im Facility Management: Milos Mikasinovic (NUCE), Frank Hermanns (SBIF) und Verena Gedler (NUCE) diskutieren.
Das Projekt FM2BIM möchte genau hier ansetzen. Gemeinsam mit Partnern haben die Smart Building Innovation Foundation (SBIF) und NUCE Consulting eine innovative Lösung entwickelt: FM-Services werden digital im Gebäudemodell hinterlegt, verständlich für Mensch und Maschine.
Frank Hermanns (SBIF) unterstrich die Notwendigkeit, wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Innovationen zu entwickeln. Verena Gedler (NUCE) demonstrierte eindrucksvoll, wie ein Reinigungsroboter mithilfe des digitalen Modells gezielt eingesetzt werden kann – inklusive maschinenlesbarer Regeln zur Prüfung durch automatisierte Model-Checker.
Das Ergebnis: Ein transparenter, digital unterstützter Gebäudebetrieb, der Sicherheits- und Nachhaltigkeitsstandards effizient sicherstellt – insbesondere bei komplexen und großflächigen Liegenschaften.
Erfahrungsberichte, Netzwerken und sich stärken
BIM kann ein Motor für nachhaltige Transformation sein. Ob bei der energetischen Analyse von Bestandsgebäuden, der intelligenten Überwachung von Brücken oder dem smarten Gebäudebetrieb: Die hier vorgestellten Projekte zeigen, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Den vom Arbeitskreis „Innovation und Nachhaltigkeit“ des BIM HUB Hamburg organisierte Wissenstransfer ließ man locker bei kühlen Getränken, Salaten, Sandwiches und Suppen ausklingen.
Die nächsten Veranstaltungen sind bereits in Planung
Für den Sommer ist eine Tagung zum Thema „BIM im Hochbau“ geplant und am 18. September 2025 wird Geburtstag gefeiert: Der BIM HUB Hamburg wird 10!
Haben Sie Interesse, durch den Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer unter den Mitgliedern die BIM-Methodik noch besser einsetzen zu können? Neue Mitglieder sind uns herzlich willkommen.
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