BIM HUB Hamburg hatte am 6. März 2024 zu einer hybriden Veranstaltung in das historische Gebäude Alte Post in Hamburg eingeladen. Drei spektakuläre BIM-Infrastrukturprojekte rund um die Schiene waren das Thema, das 80 Personen in die modernen Veranstaltungsräume der Rechtsanwaltskanzlei GvW Graf von Westphalen in der Poststraße 9 zog. 20 weitere Interessierte der Baubranche nahmen online am Event teil. BIM HUB Hamburg-Vorstandssprecher Christian Esch begrüßte alle Teilnehmenden und moderierte den Event mit drei Vorträgen über aktuelle Projekte der Deutschen Bahn sowie der Hamburger Hochbahn.
1 – BIM bei der Planung der neuen U-Bahn-Linie U5 in Hamburg
Um den öffentlichen Nahverkehr in den nächsten Jahrzehnten attraktiv weiterzugestalten, hat sich die Stadt Hamburg für den Bau der U-Bahn-Linie U5 entschieden. Um bei der Planung und dem Bau dieses Mega-Projektes die Herausforderungen bestmöglich meistern zu können, hat sich die U5 dazu entschlossen, das Projekt mit der BIM-Methodik umzusetzen. Als Referent gab Miguel Hernandez, BIM Manager bei der HOCHBAHN U5 Projekt GmbH, einer 100-prozentigen Aktiengesellschaft der Freien Hansestadt Hamburg, Einblicke ins Projektgeschehen. Er stellte die Schnittstellen von AG und AN vor, deren gemeinsame Arbeitsweise an oberster Stelle stehe: “BIM interpretieren wir auch als Besser Informationen managen”, erklärte Miguel Hernandez den U5-Ansatz und die förderliche Nutzung von GIS und Geodaten, Daten- und Dokumenten sowie 3D-5D-Modellen. Sukzessive wurde BIM bei der HOCHBAHN eingeführt, die Methodik betrifft die gesamte Wertschöpfungskette. Die Digitalisierung von Infrastrukturprojekten werde vorangetrieben, dabei werde nicht alles “neu erfunden”. Der Austausch mit anderen Organisationen sei so perfekt gewährleistet. Für weitere U5-Planungen sind ab 2021 nur noch BIM-Planungen zugelassen. Miguel Hernandez machte die Varianten des Vergabeverfahrens gemäß BIM.Hamburg im Ausschreibungsprozess transparent, das modellbasierte Arbeiten sowie das Issue-Management.
Und so klingt die U-Bahn-Linie U5 in Zahlen: Die 25 km lange Strecke beinhaltet 23 Haltestellen, die 180.000 Einwohner erstmals oder besser an das Schnellbahnnetz anschließen werden. Eine Nutzung von 270.000 Fahrgästen täglich ist zu erwarten, wobei 290.000 Pkw-km täglich vermieden werden.
2 – BIM-Implementierung am System Hamburg Hauptbahnhof
Als einer der größten Verkehrsknotenpunkte Europas ist der Hamburger Hauptbahnhof ein hochkomplexes Konstrukt aus verschiedenen technischen Systemen, Stakeholdern und deren Anforderungen. Die Referent*innen Julia Kastner und Janek Pfeifer der DB Engineering & Consulting GmbH erklärten eindrücklich, warum der konventionelle Projektprozess effizienter und die Projektabwicklung transparenter gestaltet werden müssten. Eine besondere Rahmenbedingung in Hamburg ist die Vielzahl an Stakeholdern unterschiedlicher Gesellschaften, die in eigenständigen Projekten gleichzeitig Baumaßnahmen realisieren. Dies mache eine laufende Koordination unverzichtbar.
Welche Ziele wurden also definiert, um die BIM-Methodik erfolgreich und dauerhaft am Hamburger Hauptbahnhof umzusetzen? Hier arbeitet man mit einem vielschichtigen Modell als primäre Informationsquelle, welches SMARTe Ziele für ein Projekt mit datenzentrierter Herangehensweise visualisiert. Modelle sollen kontinuierlich über den gesamten Lebenszyklus fortgeschrieben werden. Sie müssen benutzbar bleiben und einfach zugänglich sein. Durch ein gemeinsames Level of Information wird der Informationsgehalt der Modelle standardisiert und die Modellkompatibilität sichergestellt. Auftraggeber und Planer*innen sollen für ein partnerschaftliches Zusammenarbeiten alle Daten im gemeinsamen Common Data Environment (CDE) schnell und unkompliziert teilen. Informationsdoppelungen werden vermieden und aktuelle Daten sollen für alle Beteiligten zentral abrufbar sein. Die frühzeitige und kontinuierliche Identifikation von Schnittstellen von Teilprojekten soll Planungsfehler verhindern. Die Schnittstellen werden dafür räumlich und terminlich betrachtet. Das lebende Gesamtmodell wird mit Asset-Informationen angereichert und laufend aktualisiert.
25 verschiedene Projekte sind hier ineinander verschachtelt. Das gemeinsame Metadatensystem aller Beteiligten soll die Grundlage für die Projektkommunikation und Automatisierung sein. Alle Stakeholder bearbeiten kontinuierlich Aufgaben in einem zentralen modell- und objektbasierten Aufgaben-Management-System. Regelmäßige Jour Fixes tragen zum Gelingen des Großprojektes bei.
3 – BIM in der Vorplanung beim Projektabschnitt Erzgebirgstunnel
Als wichtiges Bindeglied des “TEN-V-Korridors 22: Orient/östliches Mittelmeer“ zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik wird im Rahmen der Neubaustrecke Dresden-Prag derzeit der 30 km lange, grenzübergreifende Erzgebirgstunnel mit der BIM-Methodik geplant. M.Sc. Stefan Hanz, Projektleiter der BUNG-PEB Tunnelbau-Ingenieure GmbH, gab den Zuschauenden Einblicke, wie komplex sich die Vorplanung des Erzgebirgstunnels gestaltet: Themen wie die große Projektausdehnung, Zweisprachigkeit im Projekt und vollumfängliche Grundlagenmodellierung stellen die Projektbeteiligten vor große Herausforderungen.
Die Neubaustrecke Dresden–Prag soll künftig die wirtschaftlichen Zentren in Südosteuropa verbinden. Verkürzt werden sollen dabei die Fahrzeit der Strecke Berlin–Prag soll von 4,5 auf 2,5 Stunden sowie die Fahrzeit der Strecke Dresden–Prag von 2,5 auf 1 Stunde. Der geplante Erzgebirgstunnel ist ein Projektabschnitt einer zweigleisigen Neubaustrecke. In der Vorplanung wurden zwei Trassenkorridore betrachtet: eine Teiltunnel- und eine Volltunnel-Variante. 12 räumliche Teilmodelle (RTs) wurden definiert. Unterschiedliche Koordinatenreferenzsystem (CRS) von Deutschland und Tschechien erforderten die getrennte Modellierung im jeweiligen CRS. Die geforderte Zweisprachigkeit im gleichen Modell war herausfordernd und bezog sich auch auf die Klassifizierung, Dateinamenskonvention und die Modellbezeichnungen, ebenfalls musste die Erstellung BIM-relevanter Dokumente zweisprachig erfolgen. Die Visualisierung der beiden Tunnelvarianten erfolgte mit Infraworks.
Projektleiter Stefan Hanz kam zu folgendem Fazit für den Einsatz der BIM-Methodik in der Vorplanung:
- Erstellung von detaillierten und validen Grundlagen-Daten war technisch gut umsetzbar
- Grundlagen-Daten boten eine gute Planungsgrundlage – auch für weitere Lph’s
- Zeitpunkt für die Erstellung des „erweiterten“ Grundlagenmodells im Zuge der Vorplanung ist im Einzelfall zu hinterfragen
- Pragmatische Vorgehensweise / iterative Modellerstellung war für die Vorplanung zweckmäßig und effizient („Hybride“ BIM-Modellierung)
- Generierte Modelldaten waren für die definierten Ziele sehr dienlich (Projektverständnis, Aufdecken von Konflikten, Kostenschätzung, Visualisierung)
Entspanntes Netzwerken bei den Veranstaltungen des BIM HUB Hamburg
Auf alle drei vorgestellten BIM-Projekte folgte respektvoller Applaus. Es war direkt nach jedem Vortrag möglich, Fragen von den Expert*innen in der Runde beantwortet zu bekommen. Diese Möglichkeit nutzte auch das Online-Publikum.
Nach dem lebhaften Austausch zu den Vorträgen wurde den Referent*innen als Dank noch ein süßer Ostergruß von Vorstandssprecher Christian Esch überreicht. Bei köstlichem Fingerfood und erfrischenden Getränken konnte der spannende Nachmittag in Einzelgesprächen ausklingen. Das Netzwerken ist bei den Veranstaltungen des BIM HUB Hamburg immer ein wichtiger Bestandteil. Mitglieder und Gäste lobten wieder einmal die informative Veranstaltung mit spannenden Vorträgen.
Der nächste BIM-Tag ist schon in Planung!
Falls Sie ebenfalls Mitglied werden möchten, können Sie das hier realisieren.
Comments are closed.